9.1 Krankheiten des Herzens
1. Keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen
wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter
stärkerer Belastung (z.B. sehr schnelles Gehen [7 – 8 km/h], schwere
körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung;
bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln,
Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung,
keine Tachypnoe,
kein Schwitzen..
2. Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung
(z.B. forsches Gehen [5 – 6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit),
Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung
mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen
Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe,
leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten
pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg
Körpergewicht
3. Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B.
Spazierengehen [3 – 4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte
körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten
bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und
Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale
Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und
Auftreten pathologischer
Messdaten bei Ergometerbelastung mit
0,75 Watt/kg Körpergewicht
mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren
Dekompensationserscheinungen
4. Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (Ruheinsuffizienz,
z.B. auch bei fixierter pulmonaler Hypertonie); bei Kindern und
Säuglingen auch hypoxämische Anfälle, deutliche Stauungsorgane,
kardiale Dystrophie.
(Die für Erwachsene angegebenen Wattzahlen sind auf mittleres Lebensalter und
Belastung im Sitzen bezogen.)
Liegen weitere objektive Parameter zur Leistungsbeurteilung vor, sind diese
entsprechend zu berücksichtigen. Notwendige körperliche Leistungsbeschränkungen
(z.B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose, hypertrophischer obstruktiver
Kardiomyopathie) sind wie Leistungsbeeinträchtigungen zu bewerten.
9.1.2 Nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen
ist der
GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen
ist der GdS nicht niedriger als 30 zu bewerten; dieser Wert schließt
eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien ein.
9.1.3 Nach einem Herzinfarkt
ist der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung
abhängig
9.1.4 Nach Herztransplantation
ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im
Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdS von 100 anzusetzen.
Danach ist der GdS selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung
der erforderlichen Immunsuppression nicht niedriger als 70 zu bewerten.
9.1.5 Fremdkörper im Herzmuskel oder Herzbeutel
reaktionslos eingeheilt
mit Beeinträchtigung der Herzleistung
9.1.6 Rhythmusstörungen
Die Beurteilung des GdS richtet sich vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung
des Herzens.
Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen
z.B. paroxysmale Tachykardien) je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung
des Herzens
Bei bestehender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens sind sie
entsprechend zusätzlich zu bewerten.g
nach Implantation eines Herzschrittmachers
nach Implantation eines Kardioverter-Defibrillators wenigstens
bei ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen im Kindesalter
ohne Implantation eines Kardioverter-Defibrillators
9.2 Gefäßkrankheiten
9.2.1 Arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen
(auch nach rekanalisierenden Maßnahmen)
mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit
geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem
Gehen) ein- oder beidseitig
mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von
mehr als 500 m
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der
Ebene von 100 bis 500 m
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der
Ebene von 50 bis 100 m
Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der
Ebene von weniger als 50 m
ohne Ruheschmerz
Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz
(Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV)
einseitig
beidseitig
Apparative Messmethoden (z.B. Dopplerdruck) können nur eine allgemeine Orientierung
über den Schweregrad abgeben.
Bei Arterienverschlüssen an den Armen wird der GdS ebenfalls durch das Ausmaß
der Beschwerden und Funktionseinschränkungen – im Vergleich mit anderen Schäden
an den Armen – bestimmt.
9.2.2 Nach größeren gefäßchirurgischen Eingriffen
(z.B. Prothesenimplantation)
mit vollständiger Kompensation
einschließlich Dauerbehandlung mit Antikoagulantien
Arteriovenöse Fisteln
Der GdS richtet sich nach den hämodynamischen Auswirkungen
am Herzen und/oder in der Peripherie.
Aneurysmen (je nach Sitz und Größe)
ohne lokale Funktionsstörung und ohne Einschränkung der
Belastbarkeit
ohne oder mit nur geringer lokaler Funktionsstörung mit
Einschränkung der Belastbarkeit.
große Aneurysmen
Hierzu gehören immer die dissezierenden Aneurysmen der Aorta und die
großen Aneurysmen der Aorta abdominalis und der großen Beckenarterien.
Leitsätze
Aneurysmen
Ist ein großes Aneurysma operativ erfolgreich beseitigt, ist ein GdB 50 nicht mehr gerechtfertigt, vielmehr erfolgt die GdB-Bewertung danach, ob ein größerer gefäßchirurgischer Eingriff iSv Teil B Nr 9.2.2 VG vorgelegen hat. Eine systematische Auslegung der Regelungen unter Teil B Nr 9.2 VG führt zu keinem anderen Ergebnis.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 8. Senat
19.11.2018
L 8 SB 3021/17
9.2.3 Unkomplizierte Krampfadern
Chronisch-venöse Insuffizienz (z.B. bei Krampfadern), postthrombotisches
Syndrom ein- oder beidseitig
mit geringem belastungsabhängigem Ödem, nicht ulzerösen
Hautveränderungen, ohne wesentliche Stauungsbeschwerden
mit erheblicher Ödembildung, häufig (mehrmals im Jahr)
rezidivierenden Entzündungen
mit chronischen rezidivierenden Geschwüren, je nach Ausdehnung
und Häufigkeit (einschließlich arthrogenes Stauungssyndrom)
Lymphödem
an einer Gliedmaße
ohne wesentliche Funktionsbehinderung,
Erfordernis einer
Kompressionsbandage
mit stärkerer Umfangsvermehrung
(mehr als 3 cm)je nach Funktionseinschränkung
mit erheblicher Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit
der
betroffenen Gliedmaße, je nach Ausmaß
bei Gebrauchsunfähigkeit der ganzen Gliedmaße
Entstellungen bei sehr ausgeprägten Formen sind ggf. zusätzlich zu
berücksichtigen.
Leitsätze
Lymphödem
Bei der Bewertung des GdB von Lymphödemen im Sinne der VG, Teil B, Nr 9.2.3 ist allein auf die Funktionseinschränkung beziehungsweise Gebrauchsfähigkeit der Gliedmaße und nicht auf den mit dem Tragen von Kompressionsstrümpfen sowie der Durchführung von Lymphdrainage und Lymphentstauung zusammenhängenden Therapieaufwand abzustellen.
Landessozialgericht Baden-Württemberg 3. Senat
28.02.2017
L 3 SB 2093/16
9.3 Hypertonie (Bluthochdruck)
leichte Form
keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung
(höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen)
mittelschwere Form
mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades
(Augenhintergrundveränderungen – Fundus hypertonicus I - II –
und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie),
diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung,
je nach Leistungsbeeinträchtigung.
schwere Form
mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen
und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der
Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art
und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung..
maligne Form
diastolischer Blutdruck konstant über 130 mm Hg;
Fundus hypertonicus III – IV (Papillenödem, Venenstauung,
Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen);
unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn)
Funktionelle kardiovaskuläre Syndrome, (z.B. orthostatische Fehlregulation)
mit leichten Beschwerden
mit stärkeren Beschwerden und Kollapsneigung
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